Die Entwicklung der Diskussion um eine Reform der Juristenausbildung nach Bologna-Standard

Januar 2009

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DIE ZEIT prognostiziert in Ihrer Ausgabe vom 22. Januar 2009 das Ende des Sonderwegs in der Deutschen Juristenausbildung: "Zeit zum Lernen bleibt noch genug. Bis »spätestens 2011«, so beschlossen die Justizminister, soll der für die Juristenausbildung zuständige Koordinierungsausschuss seine Reformvorschläge vorlegen. Der wenig ehrgeizige Zeitplan war ein kleiner Sieg der Bologna-Gegner auf der Konferenz. Es dürfte ihr letzter gewesen sein."

Der Artikel, der auch das 4-Stufen-Modell als Ursprung des aktuellen Vorschlags aus Schleswig-Holstein nennt, ist auch auf der Seite academics.de abrufbar: "Wer nach den Gründen für den überraschenden Gesinnungswandel sucht, stößt immer wieder auf die gleiche Adresse am Hamburger Rathausmarkt. Hier residiert der Notar Jens Jeep, ein großer, stämmiger Mann mit ausgeprägtem Willen."

[So erfährt man also aus der Zeitung, dass ein paar Kilo runter müssen. Gut, dass kein Foto dabei war. :-)]

 

November 2008

 

Das dritte Hamburger Symposium zur Juristenausbildung zeigt große Mehrheiten für eine Reform der Juristenausbildung, bei der der Bachelor zum ersten Abschluss und das Staatsexamen zur Zugangsprüfung für das Referendariat wird. Von vielen Teilnehmern wird die Abschaffung des Zweiten Staatsexamens nach der praktischen Ausbildung gefordert. Jochen Mehmel, Vorsitzender der ASJ, beschreibt hier ausführlich den Stand der Dinge und den Einfluss des 4-Stufen-Modells auf die aktuellen Hamburger Vorschläge:

"Das Hamburger Modell ist entstanden vor dem Hintergrund der Diskussionen der ersten Hamburger Symposien. Hier möchte ich besonders den grundlegenden Vortrag von Notar Jens Jeep auf dem ersten Hamburger Symposium erwähnen, der, soweit ich es sehe, als erster ein in sich konsistentes vollständiges Modell einer möglichen juristischen Ausbildung auf Grundlage des Bachelor-Master-Systems vorgestellt hat. Insbesondere sein Vorschlag, das Staatsexamen als Aufnahmeprüfung für das Referendariat für die reglementierten juristische Berufe auszugestalten, stellt eine wichtige Weichenstellung für die Struktur eines Ausbildungsmodell dar."

 

Oktober 2008

 

Der Koalitionsvertrag zwischen CSU und FDP in Bayern zeigt, wie tief man sich hier mit der Reform der Juristenausbildung beschäftigt. Punkt 12 des Abschnitts "Innen und Recht" lautet: "Wir wollen das erste und zweite juristische Staatsexamen beibehalten, um die hohe Qualität der Ausbildung zu sichern. Die Umstellung auf Bachelor und Masterabschlüsse lehnen wir für diesen Bereich ab." Dumm nur, dass ein "erstes Staatsexamen" gar nicht mehr existiert: Stattdessen gibt es nicht erst seit gestern gem. § 5 Abs. 1 des DRiG die "erste Prüfung", bestehend aus einen universitären und einem staatlichen Teil. Der koalitionäre Ansatz ist nicht ohne philosophischen Reiz: Die Bayern wollen also beibehalten, was gar nicht mehr da ist. Vielleicht bald auch das Kaisertum.

 

Juli/August 2008

 

Durchbruch für das 4-Stufen-Modell: Als erster Landesminister hat der Schleswig-Holsteinische Justizminister Döring am 30.07.2008 eine Reform der Juristenausbildung inhaltlich nach dem 4-Stufen-Modell gefordert: 4 Jahre Bachelor-Studium in der Verantwortung der Hochschulen ersetzen das bisherige Erste Examen, aus dem Zweiten Examen wird eine Staatliche Eingangsprüfung zum Referendariat, wobei für den Zugang die Note "befriedigend" erforderlich ist, es bleibt beim Konzept des Einheitsjuristen, für den jedoch der Master keine Pflicht, sondern eine freiwillige Zusatzqualifikation ist. Dies sind umfassend die Vorschläge, die auf dieser Website bereits seit 2005 vorgestellt werden. Dass aus Bayern fast wütender und vor allem unsachlicher Protest zu vernehmen ist, überrascht nicht. Dass Minister Döring meint, er hätte nicht vollständig das 4-Stufen-Modell übernommen, allerdings schon. Hierzu berichtet auch das Hamburger Abendblatt.

 

Mai 2008

 

Der Deutsche Anwaltverein unterstützt in seinen 5 Thesen zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in der Juristenausbildung wesentliche Vorschläge des 4-Stufen-Modells: Universitäte Grundlage für den Volljuristen soll ein grundsätzlich vierjähriges Hochschulstudium mit dem Abschluss Bachelor sein, nicht jedoch der Master, der wie bisher der weiteren Qualifizierung vorbehalten bleibt. Den Zugang zum Referendariat soll aber nicht der Bachelor vermitteln, sondern ein Staatsexamen als Eingangsprüfung. Gewisse Unterschiede bleiben: So will der DAV u.a. nicht allen Absolventen des Examens einen Referendariatsplatz zusichern. Damit soll die Tür für die bisher geforderte Spartenausbildung offen bleiben.

 

April 2008

 

Derweil arbeitet man in Nordrhein-Westfalen mit hohem Aufwand in verschiedenen Arbeitsgruppen an einem konkreten Umsetzungsmodell für den 3+2+1+2+1-Vorschlag der Ministerin Müller-Piepenkötter. Die Diskussion ist offen, solange es beim Vorschlag der Ministerin bleibt. Danach soll der Großteil der Studierenden nach nur drei Jahren die juristische Ausbildung zwangsweise verlassen, der Master würde zum deutschen Pflichtprogramm für alle Volljuristen werden, an den sich alle Elemente der klassischen Juristenausbildung (Staatsprüfung, Referendariat, zweite Staatsprüfung) anschließen. Der Rechtspflege-Master soll dabei bewusst mit solchen Elementen ausgestattet werden, für die nur begrenzte Kapazitäten zur Verfügung stehen, um so verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, dass nur ein Teil der Bachelor-Absolventen weiterstudieren dürften.

Statt den Hochschulen für den Bachelor Freiheiten zu lassen und lediglich inhaltlich-methodische Ziele zu definieren, arbeitet man an detailgenauen Lehrplänen für den Bachelor. Das Problem der mangelnden objektiven Vergleichbarkeit von Hochschul-Bachelor-Noten bleibt dabei ungelöst, ebenso das der faktischen Abschaffung des so erfolgreichen LL.M.-Studiums im Ausland bzw. zur individuellen Spezialisierung und die Frage, wie man das grundständige Studium künstlich und gegen die Auffassung aller Experten auf drei Jahre verkürzen will, ohne die Berufschancen der Absolventen damit zu verschlechtern. Dass sich das Studium der Volljuristen sogar gegenüber heute verlängert, wird mit dem Argument verneint, dass man in die Studienzeitberechnung auch diejenigen einbeziehen müsse, die nach drei Jahren die Hochschule verlassen. Im Gesamtschnitt würde sich daher das Jurastudium sogar verkürzen ...

 

Februar 2008

 

Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft hat am 13. Februar 2008 von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr im Wissenschaftszentrum Bonn ein Hearing zum Thema "Neue Wege in der Juristenausbildung" veranstaltet. Moderiert von Frau Prof. Dr. Jutta Limbach stellten auf dem Podium die folgenden Personen Ihre Modelle zur Diskussion: Roswita Müller-Piepenkötter, Justizministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Christine Jacobi, Leiterin des Landesjustizprüfungsamtes Baden-Württemberg, Prof. em. Dr. Horst Konzen, ehemals Universität Mainz, Dr. Jens Jeep, Hamburgischer Notar und Autor des auf dieser Webseite präsentierten 4-Stufen-Modells sowie Prof. Dr. Carsten Schäfer, Universität Mannheim.

In der Diskussion äußerten viele Gäste des Hearings Zustimmung zum 4-Stufen-Modell. Mehr Kritik gab es hingegen an dem Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen, einen deutschen Rechtspflegemaster zum Pflichtprogramm aller Volljuristen zu machen und den Zugang zu den reglementierten juristischen Berufen von der Bachelor-Note abhängig zu machen. Die von Baden-Württemberg geforderte Abschaffung des Staatsexamens stieß aus den gleichen Gründen ebenfalls auf großen Widerstand. Das Mannheimer Modell eines speziellen Wirtschaftsrechts-Bachelors auf dem Weg zum Staatsexamen zeigte, wie die Fakultäten mit Kreativität die Chancen der neuen Abschlüsse nutzen können. Dieser Studiengang passt genau in den hier vorgeschlagenen Studienverlauf.

 

Januar 2008

 

Prominente Zustimmung für Kombination von Bachelor und Staatsexamen: In einer Pressemitteilung haben sich acht prominente Hamburger Juristen für die Umsetzung des auf dieser Seite vorgeschlagene Grundprinzips ausgesprochen: Abschluss des Studiums mit einem Bachelor, Zugang zum Referendariat über ein Staatsexamen. 

Es handelt sich bei dem "Hamburger Modell" um eine diskussionswürdige Variante des hier vorgestellten Konzepts, die jedoch in einigen Punkten vom 4-Stufen-Modell abweicht: Nicht jeder Bachelor-Abschluss soll zur Teilnahme am Staatsexamen berechtigten, die "Theorie der Praxis" soll im Examen nicht geprüft werden (also die Fähigkeit, ein Urteil oder einen Schriftsatz zu erstellen) und im Referendariat soll eine Verwaltungsstation weiter Pflicht sein.

 

November 2007

 

Das Zweite Hamburger Symposium zur Juristenausbildung hat am 17. November deutlich gezeigt, wie nah die Interessen der beteiligten Gruppen aneinandergerückt sind: So wurde die Nützlichkeit eines eigenen Bachelor-Abschlusses von niemandem mehr in Frage gestellt. Ebenso herrschte darüber Einigkeit, dass ein Staatsexamen auf dem Weg zum Volljuristen erforderlich sei, wobei die große Mehrheit für ein Examen als Zugangsvoraussetzung zum Referendariat plädierte. Ausgerechnet Prof. Huber als Vertreter der Juristenfakultäten bestand auf dem Staatsexamen als Studienabschlussprüfung. Sowohl die Vertreter der Hamburger und der Stuttgarter Ministerien sprachen sich darüber hinaus für die Abschaffung eines Examens nach der Praxisausbildung aus, weil dieses eine Ausbildung in der Praxis gerade verhindere. Ebenso herrschte Einigkeit, dass eine Verlängerung des Studiums zum Volljuristen nicht hinnehmbar sei, weshalb dem Model aus Nordrhein-Westfalen eine Absage erteilt wurde: Der Master soll nach Auffassung aller Diskutanden eine Spezialisierung auch im Ausland ermöglichken - und nicht zum deutschen Pflichtstudium für alle Volljuristen werden. Hinsichtlich der Länge des Bachelor-Studiums plädierte zwar eine Mehrheit für 4 Jahre, hielt aber zugleich spezielle 3-jährige Studiengänge, die nicht den Volljuristen als Ausbildungsziel haben, für sinnvoll. Dies fördere den Wettbewerb der Hochschulen. Damit nähert sich die Diskussion nunmehr - im Falle der hamburgischen Justizbehörde sogar ganz ausdrücklich - dem an dieser Stelle seit gut zwei Jahren vorgeschlagenen 4-Stufen-Modell. Bemerkenswert war zudem, mit welchem Enthusiasmus mittlerweile in die Zukunft gedacht und im Bologna-Prozess eine Chance für die deutsche Juristenausbildung gesehen wird. Eine echte Reform scheint daher nicht mehr ausgeschlossen.

 

Juni 2007

 

Auch 9. Soldan-Tagung hat sich am 14./15. Juni in Berlin mit der Frage der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen in der Juristenausbildung. Hierbei wurde im Rahmen des Podiums "Die Reform des Jurastudiums im Lichte des Bolognaprozesses" auch das 4-Stufen-Modell vorgestellt und mit den Teilnehmern diskutiert. Es fand viel Zustimmung, doch fehlte es einmal mehr an der Zeit, alle aufkommenden Fragen zu beantworten. Insgesamt konnte aber eine Mehrheit für die Einführung eines juristischen Bachelor-Abschlusses bei Beibehaltung wenigstens eines Staatsexamens für den Zugang zu den reglementierten juristischen Berufen verzeichnet werden.

 

Mai 2007

 

Die Hochschulrektorenkonferenz hat am 24./25. Juni in Berlin eine Tagung mit dem Thema "Zur Zukunftsfähigkeit der deutschen Staatsexamina im Bologna-Prozess" veranstaltet, bei der auch das 4-Stufen-Modell als Beispiel für eine sinnvolle Kombination von Hochschulstudium mit Abschluss (Bachelor) und Zugangsprüfung zu den staatlich reglementierten Berufen (Staatsexamen) vorgestellt wurde und bei vielen Teilnehmern großen Anklang gefunden hat.

 

April 2007

 

Leider kein Aprilscherz: Der baden-württembergische Justizminister Goll und sein sächsischer Amtskollege Mackenroth haben das "Stuttgarter Modell" zur Reform der Juristenausbildung vorgeschlagen: Das bisherige Ausbildungssystem soll vollständig abgeschafft und durch einen dreijährigen Bachelor und einen zweijährigen Master (mit integrierter Praxisausbildung) ersetzt werden. Beide Staatsexamen und das Referendariat sollen entfallen. Also genau das Modell, gegen das sich noch vor zwei Jahren alle Justizminister und alle befragten Verbände zu Recht gewehrt haben. Hintergrund: Kosteneinsparung.

Dieser Vorschlag stößt auf einhellige Kritik praktisch aller beteiligter Kreise: Deutscher Anwaltverein, Bundesrechtsanwaltskammer, Dekane der Juristischen Fakultäten Baden-Württembergs, Juristenfakultätentag und eine immer größer werdende Zahl von in der Lehre beschäftigten Personen. Mittlerweile halten zwar alle die Einführung eines Bachelorstudiums für sinnvoll, wollen aber zu Recht nicht auf das Referendariat und ein Staatsexamen verzichten - beides bleibt im 4-Stufen-Modell auch erhalten.

Hauptunterschiede zum 4-Stufen-Modell: Dieses hält an einem vierjährigen anspruchsvollen Studium für alle fest, will also keinen Schmalspur-Bachelor, und verlangt als Zugangsvoraussetzung für die reglementierten Berufe ein objektiv vergleichbares Staatsexamen anstelle schwer vergleichbarer Hochschulnoten. Auch am Referendariat wird festgehalten, das jedoch ohne nachfolgendes Staatsexamen ein Jahr dauert und individuell geplant werden kann. Der Master ist kein nationales Pflichtprogramm von zwei Jahren für alle Volljuristen, sondern im Einklang mit den Zielen von Bologna ein freiwilliger einjähriger, auch im Ausland zu absolvierender Vertiefungsstudiengang auf hohem Niveau für die besseren unter den Bachelorabsolventen.

 

November 2006

 

In Hamburg haben der Hamburgische Anwaltverein und die AsJ am 18. November das eintägige Erste Hamburger Symposium zur Juristenausbildung mit dem Thema "Bachelor und Staatsexamen - Widerspruch oder Chance" veranstaltet. Neben Jens Jeep, dem Autor des 4-Stufen-Modells, nahmen auch die Protagonisten der beiden anderen Reformvorschläge an der Veranstaltung teil: In Vertretung der nordrhein-westfälische Justizministerin Müller-Piepenkötter (3+2-Modell mit Rechtspflege-Master) der Präsident des Justizprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen Richard Bühler und der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Hartmut Kilger (Spartenausbildungen mit anschließendem Staatsexamen). 

Über 100 Experten aus Wissenschaft, Justiz und rechtsberatender Praxis diskutierten in verschiedenen Foren die Fragen einer möglichen Reform der Juristenausbildung. Fast einstimmig kam man zu dem Ergebnis, das a) eine Reform dringend nötig sei, dabei b) insbesondere wieder die wissenschaftlichen Grundlagen und Techniken gelehrt werden müssten, c) das Studium mit einem Bachelor abschließen sollte, dem seitens der Wirtschaftsvertreter große Chancen auf dem Arbeitsmarkt zugesprochen wurden, und d) das Staatsexamen als Zugangsvoraussetzung (nur) für die regelementierten juristischen Berufe unverzichtbar ist. Ein Spartenreferendariat fand nicht die Zustimmung der Mehrheit der Teilnehmer.

 

Mehr zu den Ergebnissen hier.

Oktober 2006

 

Der Deutsche Anwaltverein hat nunmehr das bereits seit längerem angekündigte Spartenausbildungsmodell in Form eines Gesetzesentwurfs vorgestellt, das getrennte Referendariate für Rechtsanwälte/Notare, Richter/Staatsanwälte und den höheren Verwaltungsdienst vorsieht. Anwalt soll nur werden dürfen, wer einen Ausbildungsvertrag mit einem Anwalt vorweisen kann und ein Anwaltsstaatsexamen besteht. Der vielseitig einsetzbare Einheitsjurist, bislang Prädikat der deutschen Juristenausbildung, wird in diesem Modell ohne Not aufgegeben. Nicht die objetiv festgestellte Leistung, sondern die Kontakte zu Ausbildungsanwälten entscheiden über die berufliche Zukunft. Dennoch steht das Modell unter dem Motto "Klasse statt Masse". Ziel des Modells ist die drastische Reduzierung der Zahl der Anwälte. Bereits praktizierende Anwälte müssen sich dem Anwaltsexamen nicht mehr unterziehen.

Hauptunterschiede zum 4-Stufen-Modell: Dieses hält am Einheitsjuristen fest, gibt dem Einzelnen aber die Möglichkeit zur individuellen Spezialisierung in Studium, Referendariat und Master. Eine Spartenausbildung zum Anwalt ist also möglich - nicht jedoch zwingend. Eine zusätzliche theoretische Ausbildung (etwa nach dem aktuellen DAV-Ausbildungsmodell) mit Abschluss(wissens)prüfung für angehende Anwälte wäre auch mit dem 4-Stufen-Modell kompatibel und zu begrüßen - jedoch allein zur Qualitätssicherung, nicht als späte Zugangsbarriere zum Beruf. Auch das 4-Stufen-Modell verringert im übrigen die Zahl der Anwälte durch bessere Berufschancen mit dem Bachelor und ein anspruchsvolleres Staatsexamen. Während das 4-Stufen-Modell das schwere Staatsexamen VOR die praktische Ausbildung stellt, soll nach dem DAV-Modell noch ein Staatsexamen nach der praktischen Ausbildung folgen.

 

September 2006

 

Die Reformdiskussion kommt in Bewegung. Die nordrhein-westfälische Justizministerin Müller-Piepenkötter rückt mit überzeugenden Gründen von dem ablehnenden Beschluss der Justizministerkonferenz ab. Sie befürwortet nunmehr zwar die Umstellung auf Bachelor und Master, möchte jedoch - anders als im 4-Stufen-Model - einen nur dreijährigen Bachelor einführen, nach dem 60% der Studierenden die Hochschule verlassen sollen. Nur drei Jahre, weil ein vierjähriger Bachelor die Absolventen so gut ausbilden würde, dass angeblich der Druck steige, den Rechtsberatungsmarkt auch für diese zu öffnen. Weiterer Hintergrund dieses Vorschlags dürfte der Wunsch sein, die Zahl der Studierenden im Lichte aktueller OECD-Studien zu erhöhen, ohne dass dies mit höheren Kosten für den Staat verbunden wäre.

Nur noch ca. 40 % der Jurastudenten sollen nach diesem Modell Volljurist werden können und müssen dazu einen zweijährigen "Rechtspflege-Master" mit dem Zwang zur Spezialisierung absolvieren. Unklar ist, wie sich dieser spezifisch deutsche Master mit dem längst etablierten einjährigen LL.M.-Studiengängen im Ausland verträgt, die eine freiwillige Spezialisierung zur eigenen Profilbildung beinhalten.  

Bemerkenswert: Auch die Ministerin tritt - wie das 4-Stufen-Modell - für eine Verkürzung des Referendariats ein, hält am Einheitsjuristen fest und wendet sich ausdrücklich gegen die Spartenausbildung.

Unterschiede zum 4-Stufen-Modell: Der nur dreijährige Bachelor, der Zwang zum Master für alle Volljuristen, die quantitative, nicht qualitative Beschränkung des Zugangs zu den reglementierten juristischen Berufen und die Beibehaltung des zweiten Staatsexamens. Die Studienzeit verlängert sich für Volljuristen auf 5 Jahre - ohne Auslandserfahrung. Offen ist, wie die gewünschte Internationalisierung erreicht werden soll, wenn die angehenden Richter und Rechtsanwälte nun statt eines einjährigen LL.M. im Ausland einen zweijährigen Master im Inland machen müssen.

 

Juni 2006

 

Auf der 8. Soldan-Tagung in Hannover geht es auch um die Reform der Juristenausbildung. Frau Prof. Dauner-Lieb befindet nunmehr überraschend und im Gegensatz zu ihren vorherigen Äußerungen ein 3+2-Modell für sinnvoll. Jeep hält an seiner Gegenansicht fest und stellt das 4-Stufen-Modell vor. Einigkeit besteht, dass ein Staatsexamen weiterhin Voraussetzung für die reglementierten juristischen Berufe sein sollte. Warum es zwei sein müssen, darauf gibt es jedoch keine Antwort. Eine interessante Tagung zwar, aber ohne ausreichend Zeit zur Diskussion und - leider wie so oft - ohne inhaltliche Nachbereitung. Selbst die Homepage mit dem Tagungsprogramm wurde inzwischen gelöscht. Eine gute Zusammenfassung gibt es dafür in AS-Aktuell.

 

Januar 2006

 

Im Januar-Heft des Anwaltsblattes spricht sich Frau Prof. Dauner-Lieb unter dem Titel "Plädoyer für einen gangbaren Weg" für das hier vorgeschlagene 4-Stufen-Modell aus: "Im Übrigen bietet das Modell nur Vorteile: Die Fakultäten würden nur mit einem minimalen Umstellungsaufwand belastet. Mit Hilfe des ECTS-Systems könnte ein Auslandsaufenthalt in das 4-jährige Bachelor-Studium eingebaut werden, was der Forderung nach Erhöhung der Mobilität entsprechen würde. Die Justizprüfungsämter würden um diejenigen Jurastudenten entlastet, die ohnehin nicht in die reglementierten juristischen Berufe streben."

 

 

Dezember 2005

 

Auch die Hochschulrektorenkonferenz spricht sich für die Umsetzung der Bologna-Erklärung auch in der Juristerei aus. Präsident Prof. Dr. Burkhard Rauhut: "Auch in den Rechtswissenschaften macht der Bachelor-Abschluss Sinn. Wir brauchen juristische Kompetenz nicht nur für Rechtsanwälte und Richter, sondern auch in anderen Berufen wie z.B. Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Finanzberatern oder Immobilienmanagern."

 

 

November 2005

 

Die Justizministerkonferenz verhandelt am 17. November über die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen in den Rechtswissenschaften. In der - unzutreffenden - Annahme, es ginge um die inhaltliche Vereinheitlichung der rechtswissenschaftlichen Studiengänge, eine Entwissenschaftlichung des Studiums bei gleichzeitiger Verlängerung der Studiendauer ohne inhaltiche Verbesserung, wenden sich die Justizminister derzeit gegen die Einführung eines Bachelors.

Der Kommunikationsverein Hamburgischer Juristen veranstaltet am 10. November eine Diskussionsrunde zur Ausbildungsreform in der Juristenausbildung. Dort stößt die Idee eines Bachelors nach vier Jahren bei Beibehaltung des Staatsexamens als Zugangsvoraussetzung für die reglementierten juristischen Berufe auf großes Interesse.

Am 2. November lädt die Präsidentin des Kammergerichts Berlin zur Informationsveranstaltung: Reform der Juristenausbildung: Eine unendliche Geschichte? Podiumsteilnehmer und Publikum sind sich einig, dass ein Bachelor of Laws nach vier Jahren denkbar ist, wenn zugleich das Staatsexamen als objektiver Leistungsmesser erhalten bleibt. Zugleich wird eine Verlagerung des Schwerpunkt-studiums in optionale Masterstudiengänge befürwortet. Eine den Zugang zur Anwaltschaft drastisch beschneidende Spartenausbildung ist unter den Teilnehmer heftig umstritten.

 

September 2005

 

Deutscher Anwaltverein, Deutscher Hochschulverband und der Deutsche Juristen-Fakultätentag veranstalten in Berlin ein Symposium zum Thema "Der Bologna-Prozess und die Juristenausbildung in Deutschland". Insoweit besteht Einigkeit: Wenn ein Bachelor in Jura, dann muss er vier Jahre dauern. Als Beispiel für die skeptische Ansicht vieler Politiker der Beitrag von MdB Krings, der aber offen für wohlüberlegte Veränderungen ist. Als leider klassisches Beispiel für das häufige Missverständnis, ein Bachelor dürfte nur drei Jahre dauern, weshalb er auf die Juristerei nicht passe, die Rede der Bundesjustizministerin Zypries. Dabei ist ihr in dem Wunsch nach Qualitätssicherung natürlich zuzustimmen - diese steht im Mittelpunkt des 4-Stufen-Modells.

 

August 2005

 

Unter der Überschrift "Der Bologna-Prozess als Chance - Warum die Juristenausbildung durch Bachelor und Master noch besser werden kann!" wird das 4-Stufen-Modell in der NJW 2005, 2283 vorgestellt.

 

Juni 2005

 

Auf der diesjährigen Soldan-Tagung zur anwaltsorientierten Juristenausbildung in Köln wird deutlich, dass die letzte Studienreform im Hinblick auf das neu eingeführte Schwerpunktstudium und die zu vermittelnden Schlüsselqualifikationen mit großen Problemem behaftet ist, weil die Studierenden sich zu früh spezialisieren müssen und dabei entweder die Grundlagen vernachlässigen oder nur die Schwerpunkte wählen, die sich ohnehin mit den Pflichtfächern überschneiden. Das  4-Stufen-Modell stößt bei vielen Teilnehmern auf große Zustimmung, weil es diese Probleme löst.

 

Mai 2005

 

Auf dem Deutschen Anwaltstag wird über die Einführung von Bachelor und Master diskutiert. Prof. Hein Kötz weist darauf hin, dass ein guter Jurist nicht nur der ist, der beide Staatsexamina erlangt hat und Anwalt geworden ist, sondern auch der gute Absolvent eines reinen Hochschulstudiums. Es gebe neben den reglementierten juristischen Berufen auch andere, die für hochqualifizierte Juristen geeignet seien. Das 4-Stufen-Modell wird der Fachöffentlichkeit vorgestellt.

 

Mai 2005

 

Das Handelsblatt berichtet unter der Überschrift "Keine Angst vor Bachelor und Master!" erstmals über das 4-Stufen-Modell für eine bessere Juristenausbildung: "Das innovative Modell könnte Wind in eine Debatte bringen, in der von Skepsis bis Ablehnung alles an Meinungen zu finden ist."

 

 

April 2005

 

Eine erste Fassung des 4-Stufen-Modells wird der Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz im Rahmen der Konsultation auf Basis ihres Zwischenberichts zur Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen in den Rechtswissenschaften zugeleitet.